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Kommission fordert eines der fortschrittlichsten Energiegesetze der Schweiz

Die Kommission Bau und Volkswirtschaft des Kantonsrats (KBV) hat die Beratung des Energiegesetzes in 2. Lesung abgeschlossen. Die Kommission schlägt beim Kernartikel zum Heizungsersatz einstimmig ein Modell vor, welches höchst effizient ist. Es führt in praktisch allen Fällen eines Heizungsersatzes zu einem System mit erneuerbaren Energien. Das Ausserrhoder Energiegesetz basiert weiterhin auf dem Standardmodell der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014). Dieses ist sehr einfach im Vollzug, bringt eine breite Harmonisierung mit anderen Kantonen und verursacht keine zusätzlichen Kosten für den Kanton. 

Die KBV stellt erfreut fest, dass der Regierungsrat praktisch alle Anträge der Kommission und Beschlüsse des Kantonsrates aus der 1. Lesung in den aktuellen Entwurf des Energiegesetzes aufgenommen hat. Zur Enttäuschung der Kommission folgt er einzig beim Kernartikel zum Heizungsersatz nicht dem sehr deutlichen Beschluss des Kantonsrates. Die KBV hofft, dass in diesem Artikel ein Kompromiss mit dem Regierungsrat erreicht werden kann.

In der Bekämpfung der Klimakrise bzw. bei der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen hat der Kanton selbst relativ wenige Ansatzpunkte, da die meisten relevanten Bereiche im Kompetenzbereich des Bundes liegen. Die Kantone haben aber eine Steuerungskompetenz im Gebäudesektor. Die Gebäude sind für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und für rund 30 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz verantwortlich. Da der Kanton Appenzell Ausserrhoden einen der ältesten Gebäudeparks der Schweiz hat, liegen der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Gebäudebereich über dem schweizweiten Durchschnitt. Wie die Kommission bereits im Rahmen der 1. Lesung gefordert hat, sind deshalb weitere und sofortige Massnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz respektive der Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudebereich notwendig. Hier kommt das revidierte kantonale Energiegesetz zum Tragen. Darin sind die Energieziele, die Energiepolitik und die Anforderungen beim Heizungsersatz die wichtigsten Artikel.

Konkrete Energieziele im Gesetz

Der Kantonsrat hatte bereits in der 1. Lesung beschlossen, dass für eine fortschrittliche Energiepolitik als elementarer Baustein klar definierte und messbare Ziele im Energiegesetz festgelegt werden sollen. Nur wenn die Ziele im Gesetz stehen, erlangen sie eine allgemeine Rechtswirkung und werden für Regierungsrat und Verwaltung verbindlich. Neu ist auf Gesetzesstufe das Ziel festgelegt, dass bis 2035 mindestens 40 Prozent des im Kanton verbrauchten Stroms im Kanton selbst aus erneuerbaren Energien erzeugt werden soll. Damit macht das Energiegesetz künftig neben den energetischen Bauvorschriften auch klare Vorgaben zum Ausbau und zur Gewinnung von erneuerbaren Energien. Dank nachhaltiger und sicherer Energieversorgung sollen im Kanton die Energie- und Klimaziele des Bundes erreicht werden, was Klimaneutralität bis 2050 bedeutet.

Neuer Vorschlag beim Heizungsersatz

In der 1. Lesung hat der Kantonsrat mit 54:3 Stimmen bei 4 Enthaltungen dem Antrag der Kommission zugestimmt, wonach beim Ersatz einer Wärmeerzeugung in bestehenden Bauten mit Wohnnutzung vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden muss, soweit dies technisch möglich ist und zu keinen Mehrkosten führt. In der anschliessenden Volksdiskussion mit überdurchschnittlich hoher Beteiligung wurde dies von über 92 Prozent der Teilnehmenden unterstützt.

Trotzdem schlägt der Regierungsrat erneut die Minimalvariante der MuKEn 2014 vor. Diese verlangt bei einem Heizungsersatz nur einen Anteil von 10 Prozent erneuerbare Energien. Die Kommission hat diesen Vorschlag mit Befremden zur Kenntnis genommen. Sie ist nach wie vor der Ansicht, dass das in der 1. Lesung beschlossene Kostenmodell eine wirkungsvolle, zukunftsorientierte und liberale Lösung ist. Sie nimmt die Bedenken der Verwaltung bezüglich des Vollzugsaufwands aber ernst und ist bestrebt, mit dem Regierungsrat einen Kompromiss zu finden. 

Die KBV beantragt deshalb, ein weiterentwickeltes Modell auf Basis der MuKEn 2014 mit einem erhöhten Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien einzuführen. Das bedeutet, dass bei einem Heizungsersatz mindestens 20 Prozent der Energie erneuerbar sein muss, falls wieder eine fossile Heizung eingebaut werden soll. Um diese 20 Prozent zu erreichen, müssen zwei (der elf) Standardlösungen der MuKEn 2014 umgesetzt werden. Der Kanton Fribourg hat dieses Modell bereits umgesetzt und die Erfahrungen zeigen, dass die Wirkung weit über den Erwartungen liegt. 2021 hat dieses Modell im Kanton Fribourg in 99 Prozent der Fälle zu einem Wechsel auf ein mit erneuerbaren Energien betriebenes Heizungssystem geführt. Diese Erkenntnisse lagen zum Zeitpunkt der 1. Lesung noch nicht vor, und der Erfolg dieses Ansatzes hat selbst die Expertinnen und Experten überrascht.

Das neu vorgeschlagene, einfachere Modell ermöglicht es, beim Energiegesetz «mehr» zu machen, ohne dass für den Kanton zusätzliche Kosten und ein hoher Vollzugsaufwand entstehen. Es zeichnet sich durch ein äusserst gutes Kosten-/Nutzenverhältnis aus und übertrifft die Wirkung der Standardlösung MuKEn 2014 signifikant.

Die 2. Lesung der Teilrevision des Energiegesetzes wird an der Kantonsratssitzung vom 28. März 2022 stattfinden. Die Sitzung wird in einem Live-Stream auf dem youtube-Kanal des Kantons übertragen, erreichbar unter www.ar.ch. Alle Anträge und deren Begründungen können dem Bericht und Antrag der Kommission vom 10. Februar 2022 entnommen werden.

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