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Individualbesteuerung: Regierungsrat beantragt Kantonsreferendum 

Das Bundesparlament hat das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung am 20. Juni 2025 angenommen. Der Wechsel von der Familien- zur Individualbesteuerung soll die Heiratsstrafe für die direkte Bundessteuer abschaffen. Gleichzeitig werden die Kantone verpflichtet, das System der Individualbesteuerung für die Kantons- und Gemeindesteuern ebenfalls einzuführen. Der Regierungsrat von Appenzell Ausserrhoden hat nun beschlossen, dem Kantonsrat das Kantonsreferendum gegen das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung zu beantragen.

Das bestehende System der Familienbesteuerung knüpft an das Zivilrecht an. Die Ehe wird als solidarische wirtschaftliche Gemeinschaft betrachtet und bildet steuerlich ebenfalls eine Einheit. Künftig soll jede steuerpflichtige Person eine eigene Steuererklärung einreichen und selbständig veranlagt werden. 

Mit dem Bundesgesetz über die Individualbesteuerung werden Doppelverdiener-Ehepaare mit gleichmässiger Erwerbsaufteilung bzw. Einkommenserzielung steuerlich gefördert. Damit sollen Erwerbsanreize geschaffen werden. Gleichzeitig sollen die Steuerausfälle auf Bundesebene auf 600 Mio. Franken beschränkt werden. Diese Ziele sollen mit der Abschaffung der Familienbesteuerung, einer Erhöhung der Kinderabzüge und einem einheitlichen Tarif für alle steuerpflichtigen Personen mit einer höheren Progression auf Bundesebene erreicht werden.

Die vorgeschlagene Individualbesteuerung schafft neue Ungleichheiten. Ehepaare mit einem identischen Familieneinkommen, aber mit unterschiedlichen Einkommen der Ehepartner haben unterschiedliche Steuerbelastungen zu tragen. Die Bevölkerung von Appenzell Ausserrhoden, mit einer überwiegenden Anzahl von Zweiverdiener-Ehepaaren mit einer grösseren Einkommensdifferenz der Partner oder reinen Einverdiener-Ehepaaren, ist von dieser Benachteiligung stärker betroffen als die Bevölkerung in städtischen Gebieten.

Die sogenannte Heiratsstrafe ergibt sich durch die Progression im Steuertarif. Die Kantone, darunter auch Appenzell Ausserrhoden, sind dieser Problematik unkompliziert auf tariflicher Ebene begegnet und haben die Heiratsstrafe abgeschafft. Die Individualbesteuerung führt sowohl für die steuerpflichtigen Ehepaare als auch für den Kanton aufgrund der zunehmenden Komplexität zu erheblichen Mehraufwendungen – nicht nur im Steuerbereich, sondern in allen Bereichen, in denen auf das Familieneinkommen zurückgegriffen wird, wie beispielsweise bei der individuellen Prämienverbilligung, den Beiträgen an die Kinderbetreuung und bei den Sozialversicherungen. 

Das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung hat Auswirkungen auf sämtliche steuerpflichtige Personen. Dementsprechend soll ihnen Möglichkeit gegeben werden, über die Einführung der Individualbesteuerung mittels einer Volksabstimmung selbst entscheiden zu können.

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