Eine Risiko- und Gefährdungsanalyse ist grundlegend für den Schutz der Bevölkerung vor Gefahren. Nach ihr richten sich die Schutzmassnahmen des Kantons und der Gemeinden, sie sind eine wichtige Grundlage zur Prävention und dienen auch für Übungen der Einsatzkräfte. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden sind 17 massgebliche Szenarien erkannt und analysiert worden, spezifisch auf die Verletzbarkeit des Kantons ausgerichtet. Sie wurden 2019 von einer Arbeitsgruppe unter Führung des Leiters des Amtes für Militär und Bevölkerungsschutz, Marc Rüdin, erarbeitet. Beteiligt waren zwanzig Fachleute des Kantons Appenzell Ausserrhoden, des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz sowie des Nachbarkantons St.Gallen. Beigezogen wurden auch drei Gemeindepräsidien.
Analyse von Realität überholt
Die Arbeitsgruppe erkannte bereits 2019, wie beim Bund und in einigen anderen Kantonen auch, eine Pandemie in der neuen Risiko- und Gefährdungsanalyse als volkswirtschaftliches Risiko Nummer 1 für unseren Kanton. Diese Einschätzung bezog sich auf Eintretens-Wahrscheinlichkeit und Schadenausmass. Am 27. Oktober 2020 nahm der Regierungsrat von der neuen Analyse Kenntnis. Da war die erste Corona-Welle bereits vorbei und die zweite begann sich aufzubauen. Die Wirklichkeit hatte die Analyse bereits eingeholt und ihr eine unerwartete Aktualität gegeben. Im Auftrag des Regierungsrats ist nun bis 2022 eine Defizitanalyse mit Handlungsempfehlungen durchzuführen.
Strommangel: Noch ist nichts passiert …
Für Appenzell Ausserrhoden zählen zu den höchsten Risiken die Pandemie, Cyber-Angriffe, Trockenheit/Hitzewellen, Unwetter/Gewitter/Rutschungen und Murgänge, Andränge Schutzsuchender sowie ein grossflächiger Ausfall der Stromversorgung. Dieses Szenario wird – weil ohne Ankündigung kommend -- als besonders brisant eingeschätzt, auch wenn bis anhin noch nichts Gravierendes passiert ist. Es gibt jedoch warnende Anzeichnen. Swissgrid, die Betreiberin des Schweizer Stromnetzes, muss jährlich öfter eingreifen, um grössere Probleme im Netz zu verhindern. Und am 8. Januar dieses Jahres ging ganz Nordwesteuropa haarscharf an einem Blackout vorbei.
Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Bestrebungen der Wasserversorgungen zu sehen, die ihre Pumpen und Entkeimungsanlagen mit Notstrom absichern wollen, damit die Ausserrhoder Reservoirs und Leitungen bei einer Strommangellage nicht trockenfallen. Bereits ab 20 Stunden wäre dies bei ersten Wasserversorgungen der Fall, könnte kein Wasser mehr aus dem Leitungsnetz bezogen werden. Mit der Präsentation der entsprechenden Notstromkonzepte vor der Gemeindepräsidentenkonferenz sind nun die politischen Gremien aus den Gemeinden und dem Kanton an der Reihe: Jetzt sind Entscheide über Umsetzung und Finanzierung der Vorhaben fällig.
Realisiert: Notstrom für Gemeindeverwaltungen
Bereits seit rund einem Jahr umgesetzt ist die Ausrüstung aller Gemeindeverwaltungen in Appenzell Ausserrhoden mit einem Notstrom-Set. In einem schweizweit einzigartigen Projekt sind die Verwaltungen und Gemeindeführungsstäbe mit einfachen Mitteln in der Lage versetzt worden, auch bei einem Stromausfall zu kommunizieren und damit im Ereignis zu führen. Mit einem sogenannten "Roten Telefon" können sie bei einem Blackout immer noch untereinander und mit den wichtigsten kantonalen Stellen in Kontakt bleiben. Ebenso mit Notstrom abgesichert ist der Zugriff auf die zentral abgelegten Verwaltungsdaten sowie der minimale Betrieb von Laptops, Druckern und Beleuchtungsmitteln.
Die Gefährdungs- und Risikoanalyse AR2020 kann unter www.ar.ch/kfs eingesehen werden.