Der seit Jahren stärker werdende wirtschaftliche Druck auf die Spitäler in der Schweiz, speziell in der Region Ostschweiz, und die fortschreitende Spezialisierung in der Medizin gingen auch am SVAR nicht spurlos vorbei. Verschärfte externe Rahmenbedingungen wie die angeordnete Verschiebung von Behandlungen vom stationären in den ambulanten Bereich, Mindestfallzahlen und die ungünstige Entwicklung der Tarife in der Akutsomatik und der Psychiatrie führten im SVAR zu empfindlichen Verlusten.
Effizientes Spital, aber zu wenig Fälle
Der SVAR hat in den vergangenen vier Jahren zahlreiche Optimierungen und erhebliche Kostenreduktionen vorgenommen. Dank geringen Fallkosten wird der SVAR deshalb als effizientes Unternehmen eingestuft. Dennoch gelang es in der Vergangenheit nicht, die Fallzahlen zu erhöhen und damit die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Sowohl die Bettenbelegung als auch der Schweregrad der Fälle waren konstant zu tief, um ein wirtschaftlich erfolgreiches Fortkommen an allen drei Standorten des SVAR zu gewährleisten.
Die demographische Entwicklung und die hohe Versorgungsdichte durch private und öffentliche Konkurrenzanbieter in der Region verschärften die Ausgangslage zusätzlich. Die Bevölkerung in der Region schien nicht in ausreichendem Mass von den Vorteilen der wohnortsnahen Spitalversorgung des SVAR – insbesondere in Heiden – überzeugt zu sein. Dies zeigt eine Analyse der Patientenströme deutlich.
Die Corona-Pandemie in Kombination mit nicht kostendeckenden Tarifen führte zu einer beschleunigten Verschärfung der finanziellen Schwierigkeiten. Für das Coronajahr 2020 verzeichnete der SVAR ein Defizit von 7,2 Mio. Franken – trotz kantonalem Beitrag von 6,5 Mio. Franken an coronabedingte Mehrkosten und Ertragsausfälle. Die Eigenmittel des SVAR sind auf ein kritisches Mass gesunken. Weder der SVAR noch der Kanton können die Kosten tragen, die für den Erhalt und die Fortführung der aktuellen Struktur mit drei Standorten nötig wären.
Schliessung Spital Heiden
Vor diesem Hintergrund überprüfte der Verwaltungsrat seine Unternehmensstrategie und stimmte diese mit dem Regierungsrat ab. Dabei wurden verschiedene Optionen diskutiert, damit der SVAR auch künftig die medizinische Gesundheitsversorgung im Kanton sicherstellen kann. Der Schwerpunkt der Strategiedebatte lag zum einen auf dem inzwischen zu kleinen Spital Heiden, insbesondere auf den Möglichkeiten zu dessen Neuausrichtung, Weiterentwicklung oder Schliessung. Zum anderen stand die Stärkung des grösseren Spitals Herisau im Fokus, das für den Kanton und darüber hinaus versorgungsrelevant ist.
Nach sorgfältigem Abwägen aller Optionen ist für den Verwaltungsrat des SVAR die Schliessung des Spitals Heiden per Ende Jahr unausweichlich. Deshalb stellte er dem Regierungsrat den entsprechenden Antrag, wie es das Spitalverbundgesetz vorsieht. Der Regierungsrat teilt die Einschätzung des Verwaltungsrates und hat unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen den Entscheid zur Schliessung des Spitals Heiden getroffen. Ausgenommen davon ist der vom SVAR in Heiden betriebene Rettungsdienst. Damit wird sichergestellt, dass die Notfallversorgung auch in Zukunft gewährleistet sein wird.
Sozialplan und Unterstützung
Die Mitarbeitenden des Spitals wurden heute (26.4.2021) Vormittag im Rahmen einer Personalinformation von Landammann Alfred Stricker, Gesundheitsdirektor Yves Noël Balmer, Verwaltungsratspräsident Prof. Andreas Zollinger und CEO Paola Giuliani über den Entscheid informiert. Von der Schliessung des Spitals Heiden sind rund 180 Personen betroffen; voraussichtlich verlieren rund 130 Personen ihre Stelle. Für die betroffenen Mitarbeitenden hat die Geschäftsleitung ein umfassendes Massnahmenpaket geschnürt. So wurde bereits Kontakt mit den Sozialpartnern aufgenommen, mit welchen ein Sozialplan verhandelt wird. Diesen wird der Verwaltungsrat dem Regierungsrat zur Genehmigung unterbreiten. Der SVAR wird den betroffenen Mitarbeitenden zudem umfassende Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Anstellung anbieten. Alle Lernenden werden die im Spital Heiden begonnene Ausbildung im SVAR weiterführen und abschliessen können.
Fokus auf zwei Standorte
Nach der Schliessung des Spitals werden die Spitalimmobilien in Heiden vorzeitig aus dem Baurecht entlassen und in das Eigentum des Kantons zurückgeführt. Der SVAR fokussiert sich mit der Anpassung seiner Unternehmensstrategie auf die Bereiche Akutsomatik und Psychiatrie, da sowohl das Spital Herisau wie auch das Psychiatrische Zentrum Appenzell Ausserrhoden für den Kanton und darüber hinaus versorgungsrelevant sind. Die Spital-Grundversorgung in Appenzell Ausserrhoden durch den SVAR bleibt auch nach der Schliessung des Spitals Heiden gewährleistet. Dem SVAR werden keine bestehenden Leistungsaufträge entzogen. Alle Angebote des Spitals Heiden werden nach dessen Schliessung auch weiterhin im Spital Herisau angeboten. Der SVAR beabsichtigt, sein Leistungsangebot in der Akutsomatik und in der Psychiatrie zu schärfen und vermehrt mit Zentrumsspitälern auf dem Gebiet der spezialisierten und hochspezialisierten Medizin zu kooperieren. Der SVAR soll nach dem Willen von Regierungsrat und Verwaltungsrat ein Unternehmen sein, das weiterhin nahe an der Bevölkerung ist und qualitativ hochstehende medizinische Leistungen zu Gunsten der
Bevölkerung bezahlbar erbringt.
Zukunft
Regierungsrat und Verwaltungsrat sind sich der Tragweite der neuen Strategie bewusst. Die anstehende Veränderung ist insbesondere für die betroffenen Mitarbeitenden in Heiden aber auch für alle Zulieferer, Vertragspartner sowie für die Bevölkerung des Vorderlands einschneidend. Dennoch sind Regierungsrat und Verwaltungsrat überzeugt, mit den eingeleiteten Massnahmen die Weichen für den langfristigen Erhalt des gesamten Spitalverbundes als kantonalem Grundversorger richtig gestellt zu haben. Mit der Schliessung des Spitals Heiden wird der SVAR indessen seine strukturellen Defizite nicht auf einen Schlag überwinden. Weitere Rahmenbedingungen müssen deshalb mit dem Kanton als Eigner sowie den Krankenversicherungen zeitnah verhandelt und optimiert werden. Mit der Fokussierung und der eindeutigen Positionierung des Akutspitals Herisau und des Psychiatrischen Zentrums Appenzell Ausserrhoden werden die Voraussetzungen geschaffen, um dem Spitalverbund eine erfolgreiche Zukunft zu ermöglichen.