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Ausserrhoder Baubehördentagung 2023: „Kreislaufwirtschaft“

Die Baubehördentagung fand dieses Jahr in Herisau statt. Sie setzte den Akzent auf das Thema Kreislaufwirtschaft mit Fokus Bau. Fachleute aus Wissenschaft, Organisationen und Praxis zeigten die Notwendigkeit auf, vom blossen Recycling zu einer Kreislaufwirtschaft zu gelangen. Es wurden Wege und Hilfsmittel vorgestellt und die Umsetzung an Praxisbeispielen erläutert. Anschliessend erfolgte ein intensiver Austausch mit den Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden, der kantonalen Verwaltung und der Politik.

Rund 60 Mitglieder von Gemeindebehörden, Bauverwaltungen, Organisationen und Politik trafen sich letzten Freitag in Herisau zur Baubehördentagung, organisiert durch das Amt für Umwelt. Eröffnet wurde die Tagung durch Regierungsrat Dölf Biasotto, Vorsteher des Departementes Bau und Volkswirtschaft.

Zur Erreichung der Klimaziele 2050 ist es zentral, dass alle Beteiligten gemeinsam darauf hinarbeiten. Die Baubranche trägt wesentlich zum heutigen Ressourcen- und Energieverbrauch bei. Da Neubauten mittlerweile sehr sparsam im Betrieb sind, gewinnt die benötigte Energie zur Herstellung der Bauten zunehmend an Bedeutung – Stichwort «Graue Energie». Es gibt innovative wegwesende Beispiele, wie das Konzept der Kreislaufwirtschaft erfolgreich umgesetzt werden kann sowie Gebäudelabels, welche über die Materialisierung resp. die graue Energie den "ökologisch/energetischen Fussabdruck" von Gebäuden bewerten können.

Kreislaufwirtschaft ist mehr als blosses nur Recycling: Es ist vor allem ein Planungsthema. Es geht darum, die heutige lineare Planung von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung neu zu überdenken. Gerade im Bau kommt dabei dem Unterhalt, der Instandstellung und den Möglichkeiten einer späteren Umnutzung grosse Bedeutung zu. Rückbau resp. Recycling sind nur die letzte, aber energie- und kostenintensive Auffangebene. Um eine lange Nutzung zu ermöglichen, steht am Anfang die klare Definition der Bedürfnisse resp. der Anforderungen an ein Bauwerk.

Auch der Kanton und die Gemeinden stehen in der Pflicht: Ihnen kommt zum einen eine wichtige Vorbildfunktion zu. Zum andern haben sie als Auftraggebende für Bauprojekte eine nicht zu unterschätzende Hebelwirkung, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern.

Als Einstieg in das Tagungsthema erläuterte Enrico Marchesi, Innovationsmanager des NEST von der EMPA, das Thema Kreislaufwirtschaft aus Sicht von Wissenschaft und Forschung. Er legte anhand von Projekten der Entwicklungsplatzform NEST der EMPA dar, dass es bereits heute möglich ist, Bauten so zu konstruieren, dass sie nicht nur aus nachhaltigen Materialien hergestellt sind, sondern dass sie sich auch einfach in sortenreine, wieder einsetzbare Bauteile und Stoffe zurückbauen lassen – und das bei vergleichbaren Kosten wie bei konventionellen Bauten. Anschliessend wies Marloes Fischer von Circular Hub / Madaster Switzerland darauf hin, dass 80 Prozent der Umweltbelastung eines Gebäudes bereits durch das Design und die Planung bestimmt werden. Sie zeigte Beispiele für eine flexible Gestaltung von Gebäuden, was eine Anpassung der Nutzung ermöglicht und einen material- und energiesparenden Umbau der Liegenschaft zulässt. Die elektronische Material-Kataster-Plattform Madaster unterstützt Bauherren bei der Zurverfügungstellung von Materialien zur Wiederverwendung.

Andreas Meyer-Primavesi, Geschäftsführer von Minergie Schweiz, erläuterte, dass Kreislaufwirtschaft in der Baubranche nichts Neues sei, das Potenzial aber viel stärker genutzt werden muss. Er wies auf die Unterschiede zwischen Neubau und Bestand hin: Bei Neubauten muss sichergestellt werden, dass in 30-100 Jahren möglichst viel demontierbar und wiederverwendbar ist und auf Ressourceneffizienz geachtet wird. Beim Bestand sei Pragmatismus nötig: Was kann man direkt oder weiterverarbeitet wiederverwenden? Er betonte, dass die Schweizer Label Minergie-ECO und SNBS-Hochbau umfassende und bewährte Vorgaben zur Kreislaufwirtschaft enthalten.

Im vierten Referat schlug Richard Jussel, Projektentwickler und ehemaliger Geschäftsführer des Holzbaubetriebs Blumer-Lehmann, den Bogen von der Klimaveränderung über die Dekarbonisierung zur Wirtschaft und zeigte die Dringlichkeit des Handelns auf. Er erläuterte nachhaltiges Bauen an aktuellen Beispielen in der Region. Zum Abschluss wies Miriam Kaufmann, Projektmanagerin bei Prozirkula, auf den ökonomischen und ökologischen Hebel hin, welche die öffentliche Hand im Rahmen von Ausschreibungen von Baudienstleistungen hat. Konkret unterstützt Prozirkula öffentliche Stellen bei der Integration der Kreislaufwirtschaft in die Beschaffungsstrategie und bei Ausschreibungen und bieten auch entsprechende Schulungen an.

Beim anschliessenden Apéro wurde die Kreislaufwirtschaft im Bau und wie sie konkret in der Arbeit von Gemeinden und Kanton umgesetzt werden kann, unter den Teilnehmenden rege diskutiert und Kontakte gepflegt.

Zusätzliche Informationen

Amt für Umwelt

Kasernenstrasse 17A
9102 Herisau
T: +41 71 353 65 35