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Kanalisation und Abwasserreinigung
Bau, Betrieb und Unterhalt der öffentlichen Abwasseranlagen obliegen den Gemeinden resp. Körperschaften öffentlichen Rechts (Zweckverbände). Die Aufwendungen für die Sanierung öffentlicher Abwasseranlagen sind gebundene Ausgaben.
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Die Anlagenbetreiber haben einen fachgerechten Betrieb sicherzustellen mit dem Ziel, die Stoffeinträge in die Gewässer – unter Beachtung der Verhältnismässigkeit – zu minimieren. Wichtige Voraussetzung dafür sind gut ausgebildetes Personal, die Gewährleistung des funktionstüchtigen Zustandes der Anlagen und die sachgerechte Überwachung und Optimierung.
Der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) bietet Kurse für die Grund- und Fachausbildung sowie die Weiterbildung des Klärwerkpersonals an. Es wird empfohlen, die Fachausbildung als „Klärwerkfachmann/Klärwerkfachfrau mit eidgenössischem Fachausweis“ abzuschliessen.
Mit den Zielen einer ökologischen und wirtschaftlichen Betriebsführung sollten die folgenden Punkte auf einer Anlage schriftlich festgehalten werden:
- organisatorische und betriebliche Zuständigkeiten
- Definition der Aufgaben resp. Verantwortlichkeiten
- Regelung der Stellvertretung und des Pikettdienstes
Die Anlagen sind so zu warten, dass der tägliche Betrieb reibungslos funktioniert (Wartungsplan!). Für ungeplante Ausfälle sind Massnahmen vorzusehen, um die Reinigungsleistung hoch zu halten (Notfallkonzept). Die Leistung der Anlagen ist durch geeignete Datenerhebung (Online-Messungen, Laboranalysen) laufend zu kontrollieren.
Das Amt für Umwelt legt die einzuhaltenden Einleitgrenzwerte der Abwasseranlagen fest und kontrolliert den Betrieb resp. die Reinigungsleistung periodisch: Die Anlagenbetreiber sind verpflichtet, die erforderlichen Anlagedaten dem Amt für Umwelt monatlich resp. quartalsweise zuzustellen. Basierend darauf erstellt das Amt für Umwelt Quartalsberichte resp. Jahresberichte der Anlagen. Zusätzlich werden mehrmals pro Jahr Kontrollanalysen resp. Ringversuche von Abwasser- und Klärschlammproben vorgenommen, welche durch externe Labors ausgewertet werden. Die entsprechenden Berichte können auf den Gemeinden eingesehen werden.
Spurenstoffe
Über das Abwasser gelangt eine Vielzahl von organischen Spurenstoffen aus Haushalt, Siedlung, Gewerbe und Industrie in unsere Gewässer. Solche Mikroverunreinigungen können bereits in sehr tiefen Konzentrationen empfindliche Wasserlebewesen wie Fische stark beeinträchtigen. Um Medikamente, Pestizide und weitere kritische Substanzen künftig von den Gewässern fernzuhalten, muss ein Teil der Schweizer Kläranlagen nachgerüstet werden.
Im Kanton Appenzell Ausserrhoden ist davon die ARA Bachwis, Gemeinde Herisau, betroffen. In der Glatt, die das gereinigte Abwasser der Kläranlage aufnimmt, konnte eine grosse Anzahl von Mikroverunreinigungen gefunden werden. Dabei wiesen mehrere Arzneimittel Konzentrationen auf, bei der eine Beeinflussung von Wasserlebewesen nicht ausgeschlossen werden kann. Begründet werden die hohen Konzentrationen einerseits durch das schlechte Mischungsverhältnis Bachwasser zu gereinigtem Abwasser, andererseits durch die zentralörtliche Konzentration von Spitälern, Ärzten und Zahnärzten.
Die ARA Herisau konnte im Juni 2015 die schweizweit erste Pulveraktivkohle-Verfahrensstufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen erfolgreich in Betrieb nehmen. Die weiteren Kläranlagen im Kanton haben nach den heutigen Kriterien keine Pflicht, Spurenstoffe aus dem Abwasser zu eliminieren. Ein erheblicher Teil des Abwassers aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden wird jedoch in St. Galler Kläranlagen weitergehend gereinigt (z.B. auf der Anlage des Abwasserverbandes Altenrhein in Thal SG mit Ozon und granulierter Aktivkohle).
Abwassergebühren
Öffentliche Abwasseranlagen werden durch Beiträge und verursachergerechte Abwassergebühren finanziert. Zur Deckung der aus Planung, Erstellung, Betrieb, Unterhalt, Kontrolle, Rückstellungen und Amortisation der öffentlichen Abwasseranlagen anfallenden Kosten erheben die Gemeinden von den Grundeigentümern Anschlussgebühren und wiederkehrende Benützungsgebühren (Art. 65 kant. UGsG).
Benützungsgebühren für verschmutztes Abwasser sind grundsätzlich nach Wasserverbrauch und Verschmutzungsgrad zu bemessen. Zudem kann eine Grundgebühr erhoben werden.
Benützungsgebühren für unverschmutztes Abwasser (Regenwasser) decken die Aufwendungen im Bereich der öffentlichen Meteorwasserkanalisation. Sie sind von angeschlossenen Liegenschaften zu erheben und berechnen sich nach abflusswirksamer Fläche und Oberflächenbefestigung oder aber nach der gewichteten Grundstücksfläche.
Die Rechnung für die öffentlichen Anlagen ist als Spezialfinanzierung zu führen und mittelfristig ausgeglichen zu gestalten. Es ist eine mehrjährige Finanzplanung zu erstellen und nachzuführen.
Gewässerschutzfonds
Der Kanton führt in den Bereichen Abfall und Abwasser eine Spezialfinanzierung. Die Beiträge aus dem kantonalen Gewässerschutzfonds dienen der Unterstützung von Vorhaben der Abwasserreinigung und Siedlungsentwässerung (Art. 19 kant. Umwelt- und Gewässerschutzgesetz). Die Ausgaben belaufen sich typischerweise auf 0.5 bis 3.0 Mio. Franken pro Jahr und kommen den Gemeinden zugute, insbesondere für
- Abwassertechnische Anschlüsse von kleinen an grössere, leistungfähigere Kläranlagen
- Leistungssteigerung und Verbesserung der Betriebssicherheit von Kläranlagen
- sowie Entwässerungenplanungen GEP resp. Konzepte und Studien
Bedingt durch die Zusammenschlüsse von Kläranlagen und den Ausbau der verbleibenden Abwasserreinigungsanlagen (ARA) nimmt die Schmutzfracht, die von der Ausserrhoder Bevölkerung in die Gewässer emittiert wird, laufend ab (Abbildung 1).
Abwasserabgaben
Der Fonds wird durch eine nach dem Verursacherprinzip erhobene Abwasserabgabe bei den ARA resp. Gemeinden gespeist. Die Abgaben berechnen sich anhand der Restschmutzfracht des gereinigten Abwassers. Dabei werden auch ausserkantonale ARA erfasst, die das Abwasser aus Ausserrhoder Gemeinden reinigen. Die Abgabe hat eine Lenkungswirkung für den Betrieb und die Reinigungsleistung der Kläranlagen.
Gesamthaft beträgt der Finanzierungsbedarf derzeit 250'000 Franken pro Jahr, was in etwa den jährlichen Abschreibungen entspricht: die Investitionen in die kommunale Infrastruktur werden entsprechend HRM2 über die Lebensdauer der Abwasseranlagen abgeschrieben (Abbildung 2).
Vollzugshilfen für Gemeinden
Erläuternder Bericht zu Musterabwasser-Reglement |
Beitragsberechtigung von Aufwendungen bei kantonalem Gewässerschutz Fonds |
Merkblatt Liegenschaftsentwässerung (Leitfaden für Liegeschaftsbesitzerinnen und -besitzer) |